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Wie wird der Nießbrauch berechnet?

Tim Schoster
Tim Schoster

Redaktionelle Assistenz

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Aktualisiert am

Das Nießbrauchrecht erlaubt es Ihnen, Ihre Immobilie zu verkaufen und dennoch in ihr wohnen zu bleiben oder sie anderweitig zu nutzen. Neben dieser Nutzung als zuverlässige Geldquelle bietet der Nießbrauch auch die Möglichkeit, Schenkungs- oder Erbschaftssteuer zu sparen. Wie der Nießbrauchwert berechnet wird und welche Vorteile er mit sich bringt, erfahren Sie hier.

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1 Was ist der Nießbrauch?

Das Nießbrauchrecht ist ein deutsches Recht, das das Nutzungsrecht an einer Immobilie bezeichnet. Es erlaubt Ihnen unter anderem, einen Teil Ihrer Immobilie zu verkaufen und sie dennoch vollumfänglich zu nutzen. Das bedeutet, dass Sie in Ihrer Immobilie wohnen bleiben, sie vermieten oder auch Umbauten oder Instandhaltungsmaßnahmen ohne Absprache durchführen können. Vor allem für Erben wird das Nießbrauchrecht angewandt, um das Erbe bereits zu Lebzeiten an diese weiterzugeben. Häufig wird davon auch bei einem Verkauf an eine dritte Person Gebrauch gemacht. 

Das Nießbrauchrecht einer Immobilie wird dabei von einem Notar in das Grundbuch eingetragen.

2 Wie wird der Nießbrauchwert berechnet?

Die Berechnung des Nießbrauchwerts erfolgt über zwei Faktoren

  • Über den Jahreswert der Immobilie: Bei einer Vermietung werden die jährlichen Mieteinnahmen betrachtet, bei Selbstnutzung die jährlich gesparte Miete. 

  • Über die voraussichtliche Dauer des Nießbrauchs: Bei einem lebenslangen Nießbrauchrecht wird die erwartete Lebensdauer herangezogen, ansonsten die vereinbarte Geltungsdauer. 

Der Jahreswert einer vermieteten Immobilie errechnet sich durch die Nettokaltmiete abzüglich der Werbungskosten. Werbungskosten bezeichnen Aufwendungen, die dem Erwerb, der Sicherung und der Erhaltung der Immobilie dienen. Bei einer selbst bewohnten Immobilie gibt es keine Mietzahlungen. Deshalb wird zur Berechnung die Miete für eine Wohnung oder ein Haus vergleichbarer Art herangezogen. Allerdings ist der Jahreswert gedeckelt: Er darf laut Gesetz nicht höher liegen als der Marktwert der Immobilie geteilt durch 18,6. Der Marktwert wird durch das Finanzamt ermittelt. 

Die voraussichtliche Dauer des Nießbrauchs deckt sich bei befristeter Erteilung mit der vereinbarten Geltungsdauer. Bei einem lebenslangen Nießbrauchrecht dient die statistische Lebenserwartung als Berechnungsgrundlage. Diese wird der Sterbetafel des Statistischen Bundesamts entnommen. Der ermittelten Nießbrauchdauer weist das Finanzamt anhand einer Tabelle im Bewertungsgesetz, kurz BewG, einen Faktor zu ‒ siehe Anlage 9a zu § 13. Dabei handelt es sich um den Kapitalwert pro Euro für eine Nutzung oder Leistung. Damit lässt sich der zu ermittelnde Wert der zukünftigen Mietzahlungen errechnen.

Das Bundesfinanzministerium gibt jährlich eine Liste heraus, die sowohl die durchschnittliche Lebenserwartung als auch die Kapitalwerte enthält. Um den Nießbrauchwert zu errechnen, wird der Jahreswert der Immobilie mit dem ermittelten Faktor nach BewG multipliziert. Die Formel lautet also:

Formel

Nießbrauchwert = Jahreswert × Faktor laut BewG nach Nießbrauchdauer

3 Beispielrechnung des Nießbrauchrechts

Die 70-jährige Anna schenkt ihrem Sohn Peter ihr Haus mit einem Marktwert von 500.000 Euro, in dem sie selbst lebt. Bei der Schenkung wird ein lebenslanges Nießbrauchrecht für Anna eingetragen. Die vergleichbare jährliche Miete für das Haus beläuft sich auf 25.000 Euro – das ist der Jahreswert. Dieser Jahreswert liegt unterhalb des Deckels (500.000 Euro dividiert durch 18,6 = 26.881 Euro), also werden die 25.000 Euro als Jahreswert herangezogen. 

Anna hat der Sterbetafel des Statistischen Bundesamts zufolge eine statistische Lebenserwartung von 17,03 Jahren. Der Faktor nach BewG Anlage 9a zu § 13 beträgt 11,163 beziehungsweise 11,555 (da eigentlich ein gewichteter Faktor aus dem Wert für 17 (= 11,163) und für 18 (= 11,555) gebildet werden müsste). Zur einfacheren Veranschaulichung ziehen wir hier den Wert für 17 (= 11,163) heran. 

Um den Nießbrauchwert zu ermitteln, multipliziert das Finanzamt den Jahreswert mit dem Faktor nach BewG: 25.000 Euro × 11,163 = 279.075 Euro. Der Nießbrauchwert liegt somit in diesem Fall bei 279.075 Euro für die Immobilie von Anna.

Beispielrechnung Nießbrauch
Beispielrechnung zum Nießbrauch

4 Vorteile des Nießbrauchrechts

Neben der Möglichkeit, Ihre Immobilie zu verkaufen, ohne Ihr Wohn- und Nutzungsrecht zu verlieren, bietet das Nießbrauchrecht noch einige weitere Vorteile. So können Sie mit dem Nießbrauchrecht bei einer Immobilienschenkung im Vergleich zum klassischen Vererben erheblich Steuern sparen. Die Schenkung einer Immobilie ermöglicht es Ihnen, Ihre Immobilie bereits zu Lebzeiten an Ihre Erben zu übergeben. Genauso wie bei einem klassischen Erbvorgang nach Lebzeiten müssen Sie auch bei einer Schenkung Steuern zahlen. Die Steuersätze sind dabei identisch und beruhen auf dem Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz

Jedoch können Sie durch die Eintragung des Nießbrauchrechts bei einer Schenkung den Wert Ihrer Immobilie senken und so gegebenenfalls unter dem Freibetrag bleiben. Bei Beträgen unter dem Freibetrag, der je nach Verwandtschaftsgrad zwischen 500.000 Euro und 20.000 Euro liegt, fallen keine Steuern an. Damit können Sie mit einer Schenkung Ihrer Immobilie im Vergleich zur Vererbung nach Lebzeiten oftmals einiges an Steuern sparen. Mehr dazu erfahren Sie auf unserer Ratgeberseite „Das Nießbrauchrecht bei einer Schenkung“. 

Im vorangegangenen Beispiel von Anna wird die Schenkungssteuer folgendermaßen berechnet:

Zur Berechnung der Schenkungssteuer wird der Nießbrauchwert vom Marktwert des Hauses abgezogen. Anna kann in dem vorangehenden Beispiel somit von dem Marktwert 500.000 Euro 279.075 Euro abziehen. Dadurch liegt der für die Steuer herangezogene Wert bei rund 220.000 Euro – und somit unterhalb des Freibetrags in Höhe von 400.000 Euro für den Verwandtschaftsgrad als Kind des Schenkenden. Peter muss also keine Schenkungssteuer zahlen.

Vorteile des Nießbrauchrechts
Vorteile des Nießbrauchrechts

Auch im Pflegefall kann Ihnen das Nießbrauchrecht helfen. Informieren Sie sich darüber gerne auf unserer Webseite.

5 Fazit – Berechnung des Nießbrauchrechts

  • Nießbrauchrecht: Es bezeichnet das Nutzungsrecht an einer Immobilie. Durch das Nießbrauchrecht behalten Sie auch nach einem Verkauf Ihrer Immobilie weiter das uneingeschränkte Wohn- und Nutzungsrecht. 

  • Berechnung: Sie benötigen den Jahreswert Ihrer Immobilie und die voraussichtliche Dauer des Nießbrauchrechts. Die Formel zur Berechnung lautet: Nießbrauchwert = Jahreswert × Faktor laut BewG nach Nießbrauchdauer. 

  • Vorteile des Nießbrauchrechts: Sie können trotz Verkauf Ihrer Immobilie diese weiter uneingeschränkt nutzen. Zudem können Sie von Steuerersparnissen profitieren. 

Tim Schoster

Tim Schoster

Redaktionelle Assistenz